Unsere Gemeinde
Gemminger und Stebbacher Ortsgeschichte
Funde aus der Jungsteinzeit, der Bronze- und Eisenzeit und Reste einer römischen Villa rustica belegen eine kontinuierliche Besiedelung der Gemminger Gemarkung bereits in vorchristlicher Zeit.
Als sich die Römer um 260 n. Chr. hinter den Rhein und die Donau zurückzogen, rückte der germanische Stamm der Alamannen nach und besiedelte das Gebiet. Die Sippe des Gemmo oder Gemmina könnte das Land um das jetzige Dorf Gemmingen in Besitz genommen und im Staudbachtal gesiedelt haben.
Spätestens die Franken, die Ende des 5. Jahrhunderts die Herrschaft übernahmen, lebten und siedelten hier. Ein fränkisches Reihengräberfeld ist nachgewiesen. Damals zählten zur großen Dorfgemarkung Gemmingen auch das später davon abgetrennte Stebbach und das untergegangene Dorf Zimmern.
Gemmingen, früher auch Gemminchheim, Gemmininchheim oder Gemyngen, ist eines der ältesten Dörfer im Kraichgau. In einer Urkunde des Klosters Lorsch wird der Ort bereits im Jahre 769 n. Chr. erstmals erwähnt.
Die Geschichte der Freiherren von Gemmingen hängt eng mit der des Dorfes Gemmingen zusammen. Nach mündlicher Überlieferung soll Hans von Gemmingen, der um 1250 gelebt haben soll, der Ahnherr aller heute noch lebenden '... von Gemmingen' gewesen sein. Seine drei Söhne Swicker, Diether und Albrecht bewohnten in Gemmingen drei Schlösser. Lediglich der Nachfolgebau des 'Unteren Schlosses' an der Eppinger Straße ist noch vorhanden. Das 'Mittlere Schloss' besaß vermutlich die stärkste Befestigung und lag nördlich der Schwaigerner Straße ursprünglich in der Nähe des Bürgerturmplatzes; es wurde wohl im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Das 'Obere Schloss' befand sich südlich der Schwaigerner Straße in der Nähe der früheren Meierei.
Swicker von Gemmingen gilt als Erbauer der Burg Streichenberg. Er ließ die Feste auf der Gemarkung des untergegangenen Dorfes Zimmern errichten, das in einer Urkunde des Klosters Lorsch aus dem Jahre 805 auf Gemminger Gemarkung liegend bezeichnet wird, zu jener Zeit also ein Ausbauort Gemmingens gewesen sein muss und irgendwann später einmal von dessen Dorfmarkung abgetrennt worden war.
Ähnlich dürfte Stebbach entstanden sein. Seine erste Erwähnung findet sich in einer 1292 verfassten Urkunde zur Königswahl. Seit spätestens 1311 war halb Stebbach mit der Burg Streichenberg pfälzisches Lehen der Herren von Gemmingen. Später waren die Herren von Menzingen, von Angelloch und schließlich von Neipperg im Besitz dieses Lehensteils.
Die andere Hälfte Stebbachs blieb als ehemaliges Zugehör des Steinsbergs zunächst ein Lehen der Grafen von Öttingen für die Herren von Gemmingen. 1520 erwarb die Kurpfalz auch diesen Dorfteil und vergab 1670 ganz Stebbach mit Streichenberg als Lehen an die Raugrafen von der Pfalz. Mit dem Tode der letzten Raugräfin 1733 gelangten Ort und Burg schließlich an die Grafen von Degenfeld-Schonburg.
Gemmingen gehörte seit Ende des 15. Jahrhunderts als reichsritterschaftlicher Ort dem Ritterkanton Kraichgau an. 1497 erhielt Blicker von Gemmingen von Kaiser Maximilian I. mit der Verleihung des Rechts, ein Hals- und Hochgericht, Stock und Galgen errichten zu dürfen, ein Privileg gewährt, das in früherer Zeit ausschließlich dem hohen Adel zustand.
1521 führte Wolf von Gemmingen die Reformation in Gemmingen ein. Gemmingen war damit eines der ersten lutherischen Dörfer im Bereich der späteren badischen Landeskirche.
Wolfs Vater Pleikard hatte schon vor seinem Tode 1515 in Gemmingen eine Lateinschule für die Söhne des Adels einrichten lassen, aus der berühmte Männer wie Wolfgang von Dalberg, später Erzbischof von Mainz, auch Erzkanzler und Kurfürst, und David Chytraeus, mehrmaliger Rektor der Universität Rostock und bedeutender Vertreter der Spätrefomation, hervorgingen.
Im kurpfälzischen Stebbach dagegen musste die Einwohnerschaft zwischen 1545 und 1648, dem Jahr, in dem der Dreißigjährige Krieg endete, zehnmal die Konfession wechseln. 1649 nahmen die Stebbacher Bürger gemäß der Religionszugehörigkeit des Pfälzer Kurfürsten den reformierten Glauben an.
Der Dreißigjährige Krieg brachte für beide Ortschaften entsetzliches Leid. In Gemmingen und Stebbach überlebten nur wenige Menschen dieses schreckliche Inferno. Ins Land gerufene Einwanderer, vornehmlich aus der Schweiz, aber auch aus dem Piemont und aus Wallonien übernahmen die herrenlos gewordenen Bauernhöfe und die Gutshöfe des Adels.
Die erfolgreichen Aufbaubemühungen der Bevölkerung machte der zwischen 1688 und 1697 tobende Pfälzische Erbfolgekrieg gleich wieder zunichte, als die Heere Ludwigs XIV. mehrfach den Kraichgau heimsuchten.
Zwischen 1792 und 1812 wurde der Kraichgau während der sog. Koalitionskriege wiederholt zum Durchmarschgebiet für deutsche und französische Truppen. Die Kurpfalz fand in dieser Zeit ihr staatliches Ende. So kam Stebbach 1802 zum Fürstentum Leiningen.
Selbst das Heilige Römische Reich Deutscher Nation konnte letztlich seine staatliche Einheit nicht wahren. Reichsritterschaftliche Dörfer wie Gemmingen, die bis zu diesem Zeitpunkt eine staatliche Teilselbständigkeit erhalten konnten, waren nun dem Zugriff mächtig gewordener Fürsten ausgeliefert. Nach vorausgegangenem Streit mit Württemberg wurde Gemmingen 1806 schließlich badisch. Auch das Fürstentum Leiningen konnte seine Souveränität nicht behaupten und ging ebenfalls 1806 - und mit ihm Stebbach - im Großherzogtum Baden auf.
Zwischen 1820 und 1826 ließen die Grafen von Degenfeld-Schonburg Schloss Schomberg erbauen.
Wirtschaftliche und soziale Not sowie mangelndes politisches Mitspracherecht der Bevölkerung führten 1848/49 zur Badischen Revolution, an der sich Gemminger und Stebbacher Bürger engagiert beteiligten. Nach der Niederschlagung des Aufstandes erlangte die Auswanderungswelle, die bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingesetzt hatte, einen Höhepunkt.
Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 und der Gründung des 2. Deutschen Reiches kam es durch den Bau der Kraichgaubahn (1877-1880) in Gemmingen zu einem bescheidenen, mit Bevölkerungszuwachs verbundenen Aufschwung, während in Stebbach die Einwohnerzahlen stetig sanken.
In der Nacht zum 1. Juli 1897 ereignete sich die seit Menschengedenken schlimmste Naturkatastrophe im damaligen Amtsbezirk Eppingen. Besonders hart traf es beide Gemeinden, deren Gemarkungen nahezu völlig verwüstet wurden.
Das Jahr 1914 brachte den Ausbruch des 1. Weltkrieges, in dessen Verlauf in Gemmingen 54 und in Stebbach 27 Gefallene und Vermisste zu beklagen waren.
Eineinhalb Jahre nach Kriegsende, im Mai 1920, begann für beide Gemeinden das elektrische Zeitalter, als mit der 'Rheinelektra' ein Vertrag über die Lieferung von Strom abgeschlossen werden konnte.
Zum 1. Januar 1925 schließlich wurde die abgesonderte Gemarkung Streichenberg nach Stebbach eingemeindet.
Der 2. Weltkrieg sollte wie kein zweites Ereignis im 20. Jahrhundert die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in Deutschland verändern. Allein Gemmingen trauerte um 102 Tote und 36 Vermisste, Stebbach hatte 54 Tote zu beklagen.
Beide Gemeinden mussten in den harten, durch Mangel und Not gekennzeichneten Nachkriegsjahren für die Unterbringung von mehreren hundert Heimatvertriebenen, Evakuierten und Flüchtlingen sorgen, obwohl der vorhandene Wohnraum kaum für die eigene Bevölkerung ausreichte. Erst zu Beginn der 50er Jahre entspannte sich die Situation in beiden Gemeinden mit der Schaffung neuen Wohnraums durch den Bau von Wohnsiedlungen.
1952 konnten Gemmingen und Stebbach ein Projekt bewerkstelligen, das die beiden Gemeinden seit Jahrzehnten zunächst getrennt, aber dann gemeinsam in Angriff genommen hatten: die zentrale Wasserversorgung beider Dörfer.
Mit dem Jahre 1961 wurde für Stebbach ein neues Zeitalter eingeläutet. Der Ort mit seiner zum Teil uralten Bausubstanz war ausgewählt worden, „Musterdorf“ zu werden. Eine komplette Ortssanierung mit Dorferneuerung, die Aussiedelung landwirtschaftlicher Betriebe und eine Flurbereinigung, die die gesamte Gemarkung umfasste, wurden in den folgenden Jahren durchgeführt.
Durch die Beschlüsse der Landesregierung zur Kreis- und Gebietsreform zeigte sich Anfang der 70er Jahre, dass Gemmingen und Stebbach in ihrem Bestand als selbständige Gemeinden gefährdet waren. Die Verantwortlichen in beiden Orten erkannten rechtzeitig, dass der Erhalt der Selbständigkeit und eine möglichst große Einflussnahme auf politische Entscheidungen auf kommunaler Ebene nur in einem Zusammenschluss zu realisieren war. Zum 1. Januar 1974 erfolgte schließlich die mit großer Mehrheit beschlossene Eingemeindung Stebbachs nach Gemmingen.
Zwischen 1973 und 1983 konnte in Gemmingen eine Ortskernsanierung durchgeführt werden, die dem Ort ein moderneres Erscheinungsbild gab.
Ein Anfang der neunziger Jahre in Planung gegangenes zukunftweisendes Nahverkehrsprojekt konnte noch vor der Jahrtausendwende verwirklicht werden: die Kraichgaubahn zwischen Karlsruhe und Heilbronn wurde elektrifiziert und ‚stadtbahntauglich’ ausgebaut.
Gemmingen ist nun durch eine Stadtbahnlinie an beide Großstädte angebunden und konnte wie sein kleinerer Partner Stebbach seine Attraktivität als Wohngemeinde und Ort, in dem es sich mit hoher Qualität leben lässt, weiter steigern.
von Wolfgang Ehret
Stadtbahn
Sie können uns nun einfach mit dem Zug erreichen. Erfahren Sie mehr bei Ortsplan und Lage.
Weitere Informationen von Herrn Wolfgang Ehret zur Ortsgeschichte Gemmingen erhalten Sie unter www.gemmingen-ortsgeschichte.de und zur Ortsgeschichte Stebbach unter www.stebbach-ortsgeschichte.de.