Ehrenamtlicher Richter (Schöffen) beim Strafgericht
Ehrenamtliche Richterinnen und Richter sind Bürgerinnen oder Bürger, die als gleichberechtigte Richterinnen und Richter am Strafverfahren teilnehmen. Das deutsche Strafverfahrensrecht bezeichnet sie als "Schöffen" oder "Schöffinnen". Werden Sie als Schöffin oder Schöffe ausgewählt, sind Sie verpflichtet, das Amt anzunehmen. Ausnahmen sind möglich.
Schöffinnen und Schöffen sollen Erfahrungen, Kenntnisse und Wertungen aus ihrem täglichen Leben in die Verhandlungen und Beratungen einbringen. Damit ergänzen Sie die juristische Sichtweise der Berufsrichterinnen und Berufsrichter. Sie sind, wie diese, nur dem Gesetz unterworfen. Sie haben in der mündlichen Verhandlung und in der Urteilsfindung auch die gleichen Rechte und die gleiche Verantwortung. Sie sind bei der Rechtsfindung weisungsfrei und zu absoluter Neutralität verpflichtet.
Schöffinnen und Schöffen wirken an der Rechtsprechung folgendermaßen mit:
- in der ersten Instanz:
- beim Amtsgericht, wenn dieses als Schöffengericht tätig wird (mit einem Berufsrichter oder einer Berufsrichterin und zwei Schöffinnen oder Schöffen) oder
- beim Landgericht in der Großen Strafkammer (mit zwei oder drei Berufsrichterinnen oder Berufsrichtern und zwei Schöffinnen oder Schöffen)
- in der zweiten Instanz:
- in den Kleinen Strafkammern des Landgerichts (Vorsitzende oder Vorsitzender und zwei Schöffinnen oder Schöffen)
Das Schöffenamt kann auf unterschiedliche Weise ausgeübt werden:
- Hauptschöffinnen und Hauptschöffen
Zunächst sind ausschließlich diese zur Mitwirkung im Strafverfahren berufen. - Hilfsschöffinnen und Hilfsschöffen
Sie treten dann an die Stelle der Hauptschöffinnen und Hauptschöffen, wenn diese an der Sitzung nicht teilnehmen können (etwa wegen Krankheit). - Ergänzungsschöffinnen und Ergänzungsschöffen
Diese kann das Gericht bei Verhandlungen, die sich über längere Zeit erstrecken, hinzuziehen. Sie nehmen neben den Hauptschöffen an der Verhandlung teil. Sie ersetzen Hauptschöffen nur, wenn diese verhindert sind (etwa durch Krankheit).
Tipp: Ausführliche Informationen zur Berufung und zur Rechtsstellung der Schöffinnen und Schöffen bietet der "Leitfaden für Schöffen" des Justizministeriums an.
Wenn Sie sich als Schöffe oder Schöffin bewerben möchten, wenden Sie sich bitte an Ihre Wohnsitzgemeinde.
Zur Berufung der Schöffinnen und Schöffen stellen die Gemeinden aus allen Gruppen ihrer Bevölkerung alle fünf Jahre Vorschlagslisten auf. Diese Listen liegen eine Woche lang öffentlich aus. Danach schicken die Gemeinden sie an das Amtsgericht des Bezirks. Dort findet die eigentliche Wahl der Schöffinnen und Schöffen statt.
Das Gericht lost überdies aus, wer an welchen Sitzungstagen im Jahr als Schöffin oder Schöffe verfügbar sein muss. Meist sind es zwölf Sitzungstage.
Nach der Auslosung erhalten Sie eine Nachricht, an welchen Sitzungstagen Sie mitwirken müssen.
-
für eine Bewerbung: Ihre Wohnsitzgemeinde
-
für die Schöffenwahl: das für die jeweilige Gemeinde zuständige Amtsgericht
Nur Deutsche können Schöffinnen oder Schöffen sein. Das Mindestalter beträgt 25, das Höchstalter 70 Jahre (bei Beginn der Amtsperiode).
Ausgeschlossen vom Schöffenamt ist, wer
- infolge Richterspruchs
- die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt oder
- in ein Verfahren verstrickt ist, das den Verlust dieser Fähigkeit zur Folge haben kann oder
- wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt ist.
Hinweis: Bestimmte Berufsgruppen sollen als Schöffen nicht herangezogen werden, vor allem:
- Mitarbeitende des Strafvollzugs
- Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte
- Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte
- Pfarrerinnen oder Pfarrer
Waren Sie bereits in zwei aufeinanderfolgenden Amtsperioden Schöffin oder Schöffe, sollen Sie nicht noch einmal berufen werden.
Nur folgende Personen dürfen die Berufung zum Schöffenamt ablehnen:
- Mitglieder des Bundestags, des Bundesrats, des Europäischen Parlaments, eines Landtags oder einer zweiten Kammer
- Personen, die in der vorhergehenden Amtsperiode die Verpflichtung eines Schöffen oder einer Schöffin an vierzig Tagen erfüllt haben
- Personen, die bereits als Schöffen tätig sind
- Ärzte und Ärztinnen, Zahnärztinnen und Zahnärzte, Krankenschwestern, Kinderkrankenschwestern, Krankenpfleger, Hebammen und Entbindungspfleger
- Apothekenleiterinnen und Apothekenleiter, die keine weiteren Apothekerinnen oder Apotheker beschäftigen
- Personen, die glaubhaft machen, dass ihnen die unmittelbare persönliche Fürsorge für ihre Familie die Ausübung des Amtes in besonderem Maße erschwert
- Personen ab 65 Jahren oder Personen, die bis zum Ende der Amtsperiode 65 Jahre alt werden
- Personen, die glaubhaft machen, dass die Ausübung des Amtes für sie oder Dritte eine besondere Härte bedeutet, etwa
- wegen Gefährdung oder
- erheblicher Beeinträchtigung einer ausreichenden wirtschaftlichen Lebensgrundlage
Hinweis: Die Ablehnungsgründe müssen Sie innerhalb einer Woche nach Kenntnis der Einberufung beim Amtsgericht geltend machen.
Schöffen und Schöffinnen erhalten für ihre Tätigkeit eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz:
- 5 Euro für jede Stunde
- Die Entschädigung erhöht sich um 12 Euro je Stunde, wenn Sie nicht erwerbstätig sind und einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen.
Die Erhöhung entfällt, wenn Sie die Kosten einer notwendigen Vertretung erstattet erhalten. - bei Verdienstausfall: Für jede Stunde der versäumten Arbeitszeit erhalten Sie höchstens 20 Euro. Die Entschädigung richtet sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst und den Sozialversicherungsbeiträgen des Arbeitgebers.
- Sie bekommen Fahrkosten ersetzt und erhalten eine Entschädigung für besonderen Aufwand.
Dieser Text entstand in enger Zusammenarbeit mit den fachlich zuständigen Stellen. Das Justizministerium hat dessen ausführliche Fassung am 27.07.2012 freigegeben.
Zurück