Eintragung in die Handwerksrolle - Ausnahmebewilligung für EU-/EWR-Bürger und EU-/EWR-Bürgerinnen (nach § 9 Abs. 1 HWO) beantragen
Handwerkskammern können Staatsangehörigen folgender Staaten eine Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle erteilen:
- Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU),
- andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) oder
- der Schweiz
Achtung: Von diesen Regelungen ausgenommen sind das
- Augenoptikerhandwerk,
- Hörgeräteakustikerhandwerk,
- Orthopädietechnikerhandwerk,
- Orthopädieschuhmacherhandwerk,
- und das Zahntechnikerhandwerk.
Zugehörigkeit zu Lebenslagen
Den Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung müssen Sie bei der zuständigen Handwerkskammer stellen. Dabei müssen Sie alle Unterlagen einreichen.
Auf Wunsch hört die Handwerkskammer die zuständige Fachorganisation an.
die Handwerkskammer, in deren Bezirk Ihre zukünftige Betriebsstätte liegt
Voraussetzungen sind:
Berufserfahrung
Sie müssen mindestens eine Tätigkeit des Gewerbes ausgeübt haben, und zwar ununterbrochen für die Dauer von mindestens
- sechs Jahren als Selbständige oder als Betriebsverantwortliche, sofern die Tätigkeit nicht länger als zehn Jahre vor der Antragstellung beendet wurde
- drei Jahren als Selbständige oder als Betriebsverantwortliche, wenn eine mindestens dreijährige Ausbildung in der Tätigkeit vorangegangen ist
- vier Jahren als Selbständige oder als Betriebsverantwortliche, wenn eine mindestens zweijährige Ausbildung in der Tätigkeit vorangegangen ist
- drei Jahren als Selbständige und fünf Jahren als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin, sofern die Tätigkeit nicht länger als zehn Jahre vor der Antragstellung beendet wurde oder
- fünf Jahren in einer leitenden Stellung eines Unternehmens. Davon müssen mindestens drei Jahre auf eine Tätigkeit mit technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens entfallen.
Außerdem muss eine mindestens dreijährige Ausbildung in der Tätigkeit stattgefunden haben.
Dies gilt nicht für das Friseurgewerbe.
Betriebsverantwortliche sind Personen, die in einem Unternehmen des entsprechenden Gewerbes tätig waren:
- als Leitung des Unternehmens oder einer Zweigniederlassung
- als Stellvertretung für einen Inhaber oder eine Inhaberin oder für die Unternehmensleitung, wenn mit dieser Stellung eine Verantwortung verbunden ist, die der Verantwortung der vertretenen Person vergleichbar ist
- in leitender Stellung mit kaufmännischen oder technischen Aufgaben und mit der Verantwortung für mindestens eine Abteilung des Unternehmens
Ausbildungs- und Befähigungsnachweise
Sie müssen zumindest über eine der folgenden Qualifikationsstufen verfügen:
- eine abgeschlossene Schulbildung an einer allgemeinbildenden weiterführenden Schule, die entsprechend ergänzt wird durch
- eine Fach- oder Berufsausbildung,
- ein neben dem Ausbildungsgang erforderliches Berufspraktikum oder
- eine solche Berufspraxis in der jeweiligen Tätigkeit oder
- eine abgeschlossene Schulbildung an einer technischen oder berufsbildenden weiterführenden Schule, die entsprechend ergänzt wird durch
- eine Fach- oder Berufsausbildung,
- ein neben dem Ausbildungsgang erforderliches Berufspraktikum oder
- eine solche Berufspraxis darin
In folgenden Fällen können Sie ebenfalls eine Ausnahmebewilligung erhalten:
- Es handelt sich bei dem Gewerbe um ein in Ihrem Herkunftsland reglementierten Beruf. Außerdem berechtigt Ihre Qualifikation Sie im Herkunftsland zumindest zur Ausübung einer wesentlichen Teiltätigkeit des reglementierten Gewerbes.
- Es besteht keine Reglementierung des Gewerbes im Herkunftsland und es existiert keine staatlich geregelte Ausbildung für die Tätigkeit. Die von Ihnen absolvierte Ausbildung entspricht aber der oben dargestellten Qualifikationsstufe.
- Sie haben außerdem wenigstens eine wesentliche Tätigkeit des betreffenden Handwerks als Vollzeitbeschäftigung über mindestens zwei Jahre ausgeübt.
- Diese Tätigkeit liegt nicht länger als zehn Jahre zurück.
- Es besteht keine Reglementierung des Gewerbes im Herkunftsland, aber es existiert eine staatlich geregelte Ausbildung in dem anderen Mitgliedstaat. Diese entspricht der oben dargestellten Qualifikationsstufe und ist
- speziell auf die Ausübung eines bestimmten Berufs ausgerichtet und
- besteht aus einem abgeschlossenen Ausbildungsgang, auch in Verbindung mit einem Berufspraktikum oder einer Berufspraxis in der jeweiligen Tätigkeit.
- Die von Ihnen abgeschlossene Ausbildung ist in Anhang III der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen in der jeweils gültigen Fassung aufgeführt.
Tipp: Auf den Seiten der Europäischen Kommission finden Sie eine "Reglementierte Berufe-Datenbank", auf der Sie (auch länderweise) nach reglementierten Berufen suchen können.
Hinweis: In bestimmten Fällen kann die Handwerkskammer als Ausgleichsmaßnahme die Teilnahme an einem höchstens dreijährigen Anpassungslehrgang verlangen. Erst danach erteilt sie die Ausnahmebewilligung. In folgenden Fällen ist dies möglich:
- Die nachgewiesene Ausbildungsdauer liegt mindestens ein Jahr unter der im Inland geforderten Ausbildungsdauer oder
- Ihre bisherige Ausbildung hat sich auf Fächer bezogen, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch eine inländische Meisterprüfung in dem entsprechenden Handwerk abgedeckt werden beziehungsweise
- das entsprechende Gewerbe umfasst in Deutschland wesentliche Tätigkeiten, die in Ihrem Herkunftsstaat nicht Bestandteil dieses Berufes sind. Der Unterschied besteht außerdem in einer besonderen Ausbildung,
- die in Deutschland erforderlich ist und
- sich auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die durch den vorgelegten Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis abgedeckt werden.
Ausgleichsmaßnahmen werden nicht angeordnet, wenn die Ausnahmebewilligung auf der Anerkennung von Berufserfahrung beruht. Gleiches gilt, wenn die von Ihnen im Rahmen der Berufserfahrung erworbenen Kenntnisse die genannten Unterschiede ausgleichen.
Das gilt auch, wenn die berufliche Qualifikation Artikel 15 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG entspricht. Dieser Artikel enthält Anforderungen, die auf der Grundlage gemeinsamer Plattformen von der Kommission der Europäischen Gemeinschaft beschlossen worden sind.
- Nachweis der Staatsangehörigkeit (Reisepass, Personalausweis als Kopie)
- Bescheinigung über Art und Dauer der Tätigkeit (EU-Bescheinigung), ausgestellt von der zuständigen Behörde oder Einrichtung des Herkunftsstaates
Nähere Auskünfte hierzu erteilt die Handwerkskammer. - Bescheinigung der Ausbildung
- durch ein staatlich anerkanntes Zeugnis oder
- die Anerkennung der Ausbildung durch eine zuständige Berufsorganisation des Herkunftsstaates
- Belege darüber, dass die Ausübung des Gewerbes im Herkunftsstaat nicht wegen Unzuverlässigkeit untersagt worden ist. Diese müssen von der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates ausgestellt worden sein.
Hinweis: Werden im Herkunftsstaat die vorgenannten Unterlagen nicht ausgestellt, können diese durch eine Versicherung an Eides statt ersetzt werden. In manchen Staaten gibt es keine Versicherung an Eides statt. Dort können Sie eine feierliche Erklärung abgeben. Eine solche Erklärung müssen Sie vor
- einer zuständigen Behörde,
- einem Notar oder einer Notarin oder
- einer entsprechend bevollmächtigten Berufsorganisation des Herkunftsstaates abgeben.
Diese Stelle bescheinigt Ihre Erklärung. Die Unterlagen dürfen nicht älter als drei Monate sein.
Die genannten Unterlagen müssen Sie auch in übersetzter Form einreichen. Das gilt nicht für den Nachweis der Staatsangehörigkeit.
Gegebenenfalls können Sie zur Vorlage einer beglaubigten Übersetzung aufgefordert werden. Diese muss von öffentlich bestellten und beeidigten Urkundenübersetzern oder Urkundenübersetzerinnen angefertigt werden.
Hinweis: In Zweifelsfällen kann die Handwerkskammer noch weitere Nachweise anfordern.
Es können Kosten in unterschiedlicher Höhe anfallen. Erkundigen Sie sich bei der zuständigen Handwerkskammer.
Dieser Text entstand in enger Zusammenarbeit mit den fachlich zuständigen Stellen. Der
Baden-Württembergische Handwerkstag e. V. für die Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern hat dessen ausführliche Fassung am 11.09.2012 freigegeben.
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